Lautschrift und die Hieroglyphen |
Die Lautschrift ist die visuelle Darstellung von Sprachlauten. Einfacher ausgedrückt; Wörter so zu schreiben, wie sie ausgesprochen werden (Phonetik). Lassen wir mal das umfangreiche phonetische Alphabet außer acht. Wir können bereits mit unseren uns vertrauten Buchstaben Wörter in Lautschrift bilden.
Beispiel: "Tanzn gehn". Geschrieben wird es "Tanzen gehen", aber (fast) niemand spricht das "e" vor dem letzten "n" aus. Verzichten wir auf die Vokale a und e, dann würde es lauten: "Tnzn ghn". Jemand, der der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig ist, kann mit etwas Übung durchaus etwas damit anfangen.
"Komf. Apptms. od. komf. Fer.-Whg. m. Frstk. u. Ztrhzg."
Mit mehr oder weniger Anstrengung können wir obige Zeile wie folgt lesen:
"Komfortable Appartments oder komfortable Ferienwohnung mit Frühstück und Zentralheizung."
Und jetzt ein Satz ganz ohne Vokale, wie es in Hieroglyphen üblich ist:
"Wlch Bdtng hbn ds Zchn nd w vrdmmt nch ml knn ch mr dsn Mst mrkn?"
Wer diesen Satz lesen kann, hat das Prinzip der Hieroglyphenschrift bereits gut verinnerlicht. Kompliment! Da es aber in Hieroglyphen keine Groß- und Kleinbuchstaben, keine Satzzeichen und auch keine Leerräume zwischen den Wörtern gibt (was es noch komplizierter macht), haben die Ägypter manchmal etwas getrickst. Um das Lesen zu erleichtern haben sie das Symbol "Schilfblatt" als Vokal eingefügt um die Wörter zu betonen (vokalisieren). Wir nehmen anstatt eines Schilfblattes ein "*":
"W*lch B*d*tng hbn d*s Z*chn *nd w* v*rdmmt nch m*l knn *ch m*r d*sn M*st m*rkn?"
Mit etwas Übung können wir diesen Satz nun besser interpretieren und flüssiger lesen. Um sich die Symbole besser merken zu können, muss man aber erst deren »Bedeutung« kennen!
Das nächste Beispiel hat nur indirekt mit Hieroglyphen zu tun, aber es veranschaulicht, wie ein geübter Leser die Wörter "erfasst":
Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid, das ezniige was wcthiig ist, ist, dsas der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion sheten. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin, snderon das Wrot als gseatems leesn.
Erstaunlich, oder?
So und in ähnlicher Weise haben die alten Ägypter ihre »Hieroglyphen« erfasst, interpretiert und schließlich gelesen. Bei entsprechender Kenntnis von Sprache und Schrift weiß man eben, wie die Zeichen zu einem Wort zusammengefügt werden und mit welchen Vokalen das Konsonantengerüst bestimmter Wörter zu füllen ist.
Und genau das ist ein großes Problem für die Ägyptologen. Weil die Sprache der Hieroglyphen seit ca. 2000 Jahren eine tote Sprache ist, kennt niemand die Vokalisierung altägyptischer Wörter genau. Die Aussprache der Wörter, die so zustande kommen, ist daher reine Spekulation - also ziemlich künstlich und phantasiereich.
Nächstes Kapitel: »Beispiel der Komplexität beim Lesen von Hieroglyphen«
"RE" oder "RA" ?
Jetzt können wir auch das Geheimnis lüften, warum "Amun" manchmal auch "Amen" oder "Amoun" oder "Amon" und "Ra" oft wie "Re" gesprochen und geschrieben wird. Weil wir es nicht besser wissen, ist alles richtig. Trösten wir uns mit dem Gedanken, das es sich - egal wie betont - um ein und dieselbe Gottheit handelt.
Auf dieser Webseite wird Ra bevorzugt, da es schon beim Lesen groß und mächtig wirkt, während Re im Deutschen nach Bambi klingt.